Weiter mit dem Kaiserreich?

„Sie ließen mich Ihren Wunsch wissen, über das Ergebnis unsrer Unterhaltung mit dem sozialdemokratischen Parteiführer Ebert über die monarchische Frage orientiert zu werden…
Mit dem ihm eigenen sympathischen Natürlichkeit griff Ebert sofort die Frage auf, legte Messer und Gabel hin und sagte: „Ich weiß, warum Sie mich in diesen Kreis heute eingeladen haben: Sie wollen meine Meinung über die Frage einer Abdankung des Kaisers hören. Ich gebe sie Ihnen gern und ganz offen: Ich bin dafür, daß die deutsche Monarchie bestehen bleibt. Deutschland ist nicht reif für eine Republik, und wir Sozialdemokraten, die dies wissen, fürchten den Augenblick, da die Masse, die Straße, unter dem Einfluß der Unabhängigen die Durchführung unsres Parteiprogramms von uns verlangt und eine Republik fordert. Aber damit wir die Monarchie erhalten und eine Republik vermeiden können, muß der jetzige Monarch zurücktreten. Nicht etwa, wie die Ententemeinung über ihn richtig wäre; ich glaube sogar, daß die Geschichte ihm gerechter werden kann als die Gegenwart. Sondern ganz einfach, weil er diesen Krieg verloren und damit Bankrott erlitten hat. Die Firma aber kann und muß erhalten bleiben.“

„Ernst Jäckh Der goldene Pflug“ in „Berliner Leben 1914 bis 1918“, Dieter und Ruth Glazer, Berlin 1963

„Die allerwildesten Kaiserstürzer sind die rechtsstehenden Leute. Die Herren der Hochfinanz und der Großindustrie, ja bis hoch in die Offizierskreise hinein kann man mit einer erstaunlichen Offenherzigkeit sagen hören: Der Kaiser muss sofort zurücktreten… Je länger die Hetze fortdauert, desto stärker wird die Forderung hervortreten, daß man überhaupt keine Monarchie mehr brauchte, sondern eine Republik errichten sollte.“

„Philipp Scheidemann Memoiren/2“ in „Berliner Leben 1914 bis 1918“, Dieter und Ruth Glazer, Berlin 1963

 

zurück