Rätemacht oder Nationalversammlung – eine umstrittene Entschließung am 17. November 1918

„Entschließung des Vollzugsrates der Arbeiter- und Soldatenräte in Berlin vom 17. November 1918 zur Frage Rätemacht oder Nationalversammlung*

 Die Arbeiterschaft und die Soldaten sind am schwersten von dem alten Regierungssystem bedrückt worden. Die Arbeiter und die Soldaten hatten am meisten unter den Kriegswirkungen zu leiden. Die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen des Krieges drohen der Arbeiterschaft schwere Lasten aufzubürden.
 Arbeiter und Soldaten haben das alte Regierungssystem beseitigt. In der revolutionären Organisation der Arbeiter- und Soldatenräte hat sich die neue Staatsgewalt verkörpert. Diese Gewalt muß gesichert und ausgebaut werden, damit die Errungenschaften der Revolution der gesamten Arbeiterklasse zugute kommen.
 Diese Sicherung kann nicht erfolgen durch Umwandlung des deutschen Staatswesens in eine bürgerlich-demokratische Republik, sondern in eine proletarische Republik auf sozialistischer Wirtschaftsgrundlage, in der das arbeitende Volk, d. h. nur die Hand- und Kopfarbeiter, öffentliche Rechte ausüben.
 Das Bestreben der bürgerlichen Kreise, so schnell als möglich eine Nationalversammlung einzuberufen, soll die Arbeiter um die Früchte der Revolution bringen.
 Der Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrats Groß-Berlins verlangt daher die Einberufung einer Delegiertenversammlung der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands.
 Die Delegiertenversammlung der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands hat auf Grundlade eines von ihr festzusetzenden Wahlsystems einen Zentralrat der deutschen Arbeiter- und Soldatenräte zu wählen, der eine neue, den Grundsätzen der proletarischen Demokratie entsprechende Verfassung zu entwerfen hat. Sie ist einer von ihm zu berufenden konstituierenden Versammlung zur Beschlußfassung vorzulegen.

Der Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrates.
gez. Molkenbuhr            Müller.“

Aufrufe, Verordnungen und Beschlüsse des Vollzugsrates des Arbeiter- und Soldatenrates von Groß-Berlin, S. 22.

 

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