8. November 1918: A- u-S-Rat gründet den Freistaat Bayern

„Mitteilung über die Machtübernahme in Bayern durch den Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat München am 8. November 1918

Das furchtbare Schicksal, das über das deutsche Volk hereingebrochen ist, hat zu einer elementaren Bewegung der Münchener Arbeiter und Soldaten geführt. Eine provisorischer Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat hat sich in der Nacht zum 8. November im Landtage konstituiert. Bayern ist fortan ein freier Staat.
Eine Volksregierung, die von dem Vertrauen der Massen getragen wird, soll unverzüglich eingesetzt werden.
Eine konstituierende Nationalversammlung, zu der alle mündigen Männer und Frauen das Wahlrecht haben, wird so schnell wie möglich einberufen werden.
Eine neue Zeit hebt an!
Bayern wird Deutschland für den Völkerbund rüsten.
Die demokratische und sozialistische Republik Bayern hat die moralische Kraft, für Deutschland den Frieden zu erwirken, der es von dem Schlimmsten bewahrt. Die jetzige Umwälzung war notwendig, um im letzten Augenblick durch das Selbstbestimmungsrecht des Volkes die Entwicklung der Zustände ohne allzu schwere Erschütterungen zu erledigen, bevor die feindlichen Heere die Grenzen überfluten oder nach dem Waffenstillstand die demobilisierten deutschen Truppen das Chaos herbeiführen. Der Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat wird strengste Ordnung sichern. Ausschreitungen werden rücksichtslos unterdrückt. Die Sicherheit der Person und des Eigentums wird verbürgt. Die Soldaten in den Kasernen werden durch Soldatenräte sich selbst regieren und die Disziplin aufrechterhalten. Offiziere, die sich den Anforderungen der veränderten Zeit nicht widersetzen, sollten unangetastet ihren Dienst versehen. Wir rechnen auf die schaffende Mithilfe der gesamten Bevölkerung. Jeder Arbeiter an der neuen Freiheit ist willkommen. Alle Beamten bleiben in ihren Stellungen. Grundlegende soziale und politische Reformen werden unverzüglich ins Werk gesetzt. Die Bauern verbürgen sich für die Versorgung der Städte mit Lebensmitteln. Der alte Gegensatz zwischen land und Stadt wird verschwinden. Der Austausch der lebensmittel wird rationell organisiert werden.
Arbeiter und Bürger Münchens! Vertraut dem Großen und Gewaltigen, das in diesen schicksalsschweren Tagen sich vorbereitet! Helft alle mit, daß sich die unvermeidliche Umwälzung rasch, leicht und friedlich vollzieht. In dieser Zeit des sinnlosen wilden Mordens verabscheuen wir alles Blutvergießen. Jedes Menschenleben soll heilig sein. Bewahrt die Ruhe und wirkt mit an dem Aufbau der neuen Welt. Der Bruderkrieg der Sozialisten ist für Bayern beendet. Auf der revolutionären Grundlage, die jetzt gegeben ist, werden die Arbeitermassen zur Einheit zurückgeführt.
Es lebe die bayerische Republik! Es lebe der Friede! Es lebe die schaffende Arbeit aller Werktätigen!

Der Rat der Arbeiter, Soldaten und Bauern
Der Erste Vorsitzende: Kurt Eisner“


Quelle:  „Leipziger Volkszeitung“ Nr. 261 vom 8. November 1918: abgedruckt in: Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung; ebenda, S. 321/322

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